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Bundesjustizministerin kündigt neuen Gesetzentwurf für Stalking an

Der Evaluierungsbericht des Bundesjustizministerium zum § 238 StGB, Nachstellung, ist da. Das Ergebnis ist wenig überraschend und dennoch ernüchternd: Es hat keine merklichen Verbesserungen hinsichtlich der Verurteilungen gegeben und in der Rechtspraxis bestehen weiterhin erhebliche Probleme.

In diesem Zusammenhang hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht angekündigt, dass Sie einen neuen Gesetzentwurf vorlegen wird. Die juristischen Hürden sollen abgebaut und die praktische Anwendung hinsichtlich tatsächlicher Verurteilungen erleichtert werden.

So lautet der Gesetzestext des Nachstellungs-Paragraphen im Strafgesetzbuch aktuell:

§ 238 StGB, Nachstellung

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung schwerwiegend zu beeinträchtigen, indem er beharrlich

  1. die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,

2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,

3. unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person

a) Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder

b) Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen, oder

4. diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht oder5.eine andere vergleichbare Handlung vornimmt.

(2) Auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahe stehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahe stehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Mögliche Änderungen

In der Gerichtspraxis hat sich gezeigt, dass dass die Tatbestandsmerkmale „beharrlich“ und „schwerwiegend“ hohe Hürden darstellen. Sie sollen daher laut Christine Lambrecht durch „wiederholt“ und „nicht unerheblich“ ersetzt werden.

Der konkrete Gesetzentwurf soll in Kürze vorgelegt werden.

Das sagen wir dazu

Aus unserer Erfahrung heraus können wir sagen, dass Stalking ein hoch-psychologisches und komplexes Phänomen ist. Es zeichnet sich nicht durch eine unverwechselbare Handlung aus. Bei einer Körperverletzung beispielsweise ist der Handlungsrahmen klar umrissen und die Folge, z. B. ein blaues Auge, ist verhältnismässig eindeutig. Stalking hingegen kann durch eine Vielzahl von Handlungen ausgeführt werden, die teilweise noch nicht einmal unter Strafe stehen. Das macht das Phänomen oft schwer greifbar und juristisch schwer objektivierbar.

Jeder Einzelfall zeigt ganz eigene Facetten und ist mit einer speziellen Dynamik behaftet. Wir haben daher verstanden, dass in der Stalking-Bekämpfung nur ein Bündel an Maßnahmen und Schritten, die aufeinander abgestimmt sein müssen, sinnvoll sind. Nur so kann die aktive Gegenwehr ihre Wirkung entfalten. Die straf- und zivilrechtlichen Möglichkeiten, die wir in Deutschland haben, sind wichtige Bausteine in der Bekämpfung, oft aber allein nicht ausreichend und manchmal sogar kontraproduktiv.

Wir erwarten daher nicht, dass mit einem neuen Paragraphen alle Fälle mit Leichtigkeit lösbar sein werden, und doch sind wir fest davon überzeugt, dass diese Stellschrauben sehr hilfreich für die zukünftige Stalking-Intervention sein können.

Wir begrüßen dieses Vorhaben daher sehr und sind gespannt auf den Gesetzentwurf!

Hier können Sie die Ergebnisse des Evaluierungsberichts vom Bundesjustizministerium nachlesen.

Sollten Sie selbst betroffen sein und nicht weiter wissen, dann können wir Ihnen unseren Online-Kurs Erste Hilfe gegen Stalking sehr ans Herz legen.